OK
Das Bild liegt, mit seinen zwei oder drei geheimnisvollen Gegenständen, wie die Apokalypse da, als ob es Youngs Nachtgedanken hätte, und da es, in seiner Einförmigkeit und Uferlosigkeit, nichts, als den Rahmen zum Vordergrund hat, so ist es, wenn man es betrachtet, als ob einem die Augenlider weggeschnitten wären. 

Heinrich von Kleist

Nachdenken über die Himmelsbilder von Peter Dreher

Irebe von Neuendorff

Nennt man die berühmten Namen, Jacob van Ruisdael, John Constable, William Turner, Caspar David Friedrich, dann verbindet man diese mit der Vorstellung virtuoser Landschaftsmalerei. Eine besondere Herausforderung dieses Genres stellt dabei der sich ständig verändernde Himmel dar. Ein Modell, das keinen Vorgaben gehorcht und nicht stillhält. Dennoch übt dieses Phänomen seit dem späten Mittelalter auf die Künstler eine ungebrochene Faszination aus. Bevor sich diese wichtige Epoche in den Niederlanden und in Italien ankündigte, diente die Bildende Kunst ausschließlich der religiösen Aussage. Sie war eine Art Übersetzungsmedium zwischen der göttlichen Botschaft und den Gläubigen, die größtenteils Analphabeten waren. Ein strenger Bilderkanon ließ eine individuelle Bildgestaltung nicht zu. Der Himmel war in dieser Zeit kein eigenständiges Bildmotiv, sondern ein Umraum für Heiligenfiguren. Bis in das 15. Jahrhundert diente der Goldgrund – der Bildhintergrund aus Blattgold – als Darstellung des Himmelsraumes, der hier der Wiedergabe des Transzendenten diente.
In der altniederländischen Malerei der Spätgotik und der italienischen Frührenaissance wurde dieses Sakrallicht durch Landschaftselemente ersetzt, die noch stereotyp gestaltet waren, da sie nicht der Naturbeobachtung entsprangen, sondern als Partikel eines feststehenden Bildrepertoires fungierten.
Mit Beginn der Renaissance vollzog sich auch in der Kunst eine geistige Umwälzung. Der Mensch stand nun im Zentrum der Welt und der Betrachtung. Mit diesem Bewusstseinswandel wurde eine wissenschaftliche Durchdringung der umgebenden Welt möglich. Die Künstler, Universalgenies wie Leonardo da Vinci oder Michelangelo, malten und modellierten ihre Werke nach der Naturbeobachtung. In der Zeit der italienischen Hochrenaissance erzeugte man auf der zweidimensionalen Fläche die Illusion des dreidimensionalen Raumes mit Hilfe der Zentralperspektive. Die Malerei wirkte in dieser Epoche so realitätsgetreu wie eine Fotografie.
Im goldenen Zeitalter der niederländischen Malerei des späten 16. und 17. Jahrhunderts entwickelte sich die Genremalerei und damit die verschiedenen Bildthemen. Es mag nicht verwundern, dass gerade in der flachen Landschaft der Niederlanden mit seiner Küste der weite Himmel mit seinem ständigen Wolkenspiel zu einer Herausforderung für Landschaftsmaler wie Jacob van Ruisdael (1628 – 1682) oder Jan van Goyen (1596 – 1656) wurde. In ihren berühmten Werken Der Blick von Naarden auf Muiderberg (1647) von Ruisdael oder Windmühle am Fluss (1642) von van Goyen zeigen einen tiefen Horizont, über dem sich dunkel dräuende Wolkenberge türmen, durch die sich hellere Sonnenflecke kämpfen. Hier wird ein Moment eingefroren und materialisiert, der nur wenige Sekunden oder Minuten währte. Festgehalten für die Ewigkeit.

Eine der berühmtesten Himmelsdarstellungen findet man in der Alten Nationalgalerie in Berlin. Sie stammt von einem Bild, das auch in der heutigen Zeit eine Ikone ist: Der Mönch am Meer von Caspar David Friedrich (1774 – 1840). Das Gemälde entstand zwischen 1808 und 1810 und wird der Epoche der Romantik zugeordnet. Der Künstler kommt hier mit nur vier Bildelementen aus, dem Mönch als Vertreter des Menschen, dem Strand, dem Meer und dem Himmel. Die Komposition, der jegliche perspektivische Tiefe fehlt, zeigt einen tiefen Horizont. Strand und Meer nehmen nur ein Sechstel des Ölgemäldes ein, darüber spannt sich der Himmel mit einem zarten Farbverlauf von einem dunklen Preußischgraublau zu einem weißlichen Rosagrau, um dann in einen Streifen mit weiß aufgehelltem Coelinblau überzugehen. Der Maler konfrontiert den Betrachter mit einer radikalen Leere. In dem helleren Teil über der horizontalen Mittelachse ist das Licht der Sonne zu erahnen. Dennoch ist auf dem Gemälde keine bestimmte Tageszeit auszumachen. Vergegenwärtigt man sich die Schilderung der Erschaffung der Welt in der Genesis, denkt man an ein vorirdisches Zwielicht, in dem Universum, Welt und Geschöpfe noch keine Rolle gespielt haben – ein mystischer, unergründlicher Raum. Und Gott sprach: Es werde Licht! Und es ward Licht. Und Gott sah, dass das Licht gut war. Da schied Gott das Licht von der Finsternis. Betrachtet man die Himmelspartie losgelöst von dem restlichen Bild könnte man fast ein abstraktes Gemälde vor sich haben. Aus diesem Grund gilt das Gemälde Mönch am Meer in der kunsthistorischen Forschung als Inbegriff des modernen Bildes oder gar als Altarbild des modernen Menschen. Caspar David Friedrich bricht mit diesem Werk mit der Bildtradition der Landschaftsmalerei, denn nie zuvor wurden die verschiedenen Aggregatzustände, Erde, Luft und Wasser, so unverbunden und nüchtern miteinander konfrontiert und so wenig erzählerisch präsentiert.
Und doch steht dieses Werk auch ganz in der Tradition der Romantik. Der Landschaftsraum gilt hier als Spiegel der Seele und nicht mehr nur als Dekor eines Geschehens, das von Menschen ausgeht. Die Landschaftsdarstellung stellte die Möglichkeit dar, Gefühle auszudrücken und die Schönheit der Natur zu feiern.
In dem Werk Mönch am Meer verschwindet ein Mensch fast in der übermächtigen Natur, deren Teil er ist. Hier wird auf eine originäre Weise die unio mystica verbildlicht, die mystische Vereinigung zwischen Gott und Mensch. Der Mensch wird sich hier, in der übermächtigen, nicht fassbaren und nicht bezwingbaren Natur, der unmittelbaren Gegenwart Gottes bewusst. Er wird dadurch, dass er mit der Natur verschmilzt, Teil Gottes und der gesamten Schöpfung. Das ist der Höhepunkt aber auch der Endpunkt aller Erkenntnis.
Nahezu ehrfurchtsvoll sagte der deutsche Dichter und Dramatiker Heinrich von Kleist (1777 – 1811) von dem Gemälde Mönch am Meer, er fühle sich so konfrontiert, als habe man ihm die Augenlider abgeschnitten. Er sinnierte weiter, dass – malte man diese Landschaft mit ihrer eigenen Kreide und ihrem eigenen Wasser – sie sogar Füchse und Wölfe zum Heulen bringen könnte. Das stärkste Lob für diese Art von Landschaftsmalerei.
Und sännest Du auch vom Morgen bis zum Abend, vom Abend bis zur sinkenden Mitternacht; dennoch würdest du nicht ersinnen, nicht ergründen, das unerforschliche Jenseits! Mit übermüthigem Dünkel, wennest [wähnst] du der Nachwelt ein Licht zu werden, zu enträzlen der Zukunft Dunkelheit! Was heilige Ahndung nur ist, nur im Glauben gesehen und erkannt; endlich klahr zu wissen und zu Verstehn! Tief zwar sind deine Fußstapfen am öden sandigen Strandte; doch ein leiser Wind weht darüber hin, und deine Spuhr wird nicht mehr gesehen: Thörigter Mensch voll eitlem Dünkel!“
Caspar David Friedrich läßt mit dieser Äußerung über sein Werk den Vanitasgedanken anklingen. In ihr offenbart sich eine religiöse Haltung in einem allumfassenden Sinn. Des Menschen Nichtigkeit und Vergänglichkeit steht einer unergründlichen Schöpfung gegenüber, die sowohl in ihrer räumlichen als auch zeitlichen Dimension grenzenlos und dadurch unbegreiflich ist. Das Individuum, der einzelne, winzige Mensch steht ohnmächtig dieser gegenüber und erkennt seine begrenzte Erkenntnisfähigkeit, da er in seinem Bewusstsein gefangen ist, das ihm immer nur Aussschnitte aus dem Ganzen zu sehen und zu erkennen gewährt.
Einen weiteren wichtigen Aspekt bildet das sprachliche Bild der Zukunft Dunkelheit.
Obwohl der Mensch sich für ein vernünftiges Tier hält, animal rationabile, bleibt ihm die Lösung des letzten Rätsels, sein Tod, verwehrt. Was kann ich wissen? Lautet eine der drei Fragen des deutschen Philosophen Immanuel Kant (1724 – 1804). Auch für ihn steht der grenzenlose Himmel als das Bild des ewigen Mysteriums und der menschlichen Begrenztheit: Zwei Dinge erfüllen das Gemüt mit immer neuer und zunehmender Bewunderung und Ehrfurcht, je öfter und anhaltender sich das Nachdenken damit beschäftigt: Der bestirnte Himmel über mir, und das moralische Gesetz in mir. 
Es bleibt ihm nichts, als das Leben zu ertragen und sein Schicksal hinzunehmen.
Spricht man über dieses Werk Mönch am Meer muss man auch über Demut sprechen. Einen Begriff, den man in den deutschen Tugenden verortet. Aus dem Altdeutschen diomuoti stammend, bedeutet es die Gesinnung eines Dienenden. In der Ethik ist es die Bereitschaft, etwas als Gegebenheit hinzunehmen und sich selbst als eher unwichtig zu betrachten.

Neben Caspar David Friedrich könnte man auch Peter Dreher als eine Art Ordensmann der Malerei betrachten. Er dient ihr als Instrument eines höheren Daseinszwecks. Sein Tun wird zum Zweck an sich. Ziel und Zweck sind hier dasselbe. Das Bildthema ist auf den ersten Blick zweitrangig und spielt lediglich eine Rolle als Malanlass. So gelingt es dem Künstler, sich bis heute Zeitströmungen zu entziehen und seiner Malerei dadurch Zeitlosigkeit zu verleihen.
Egal, welche Bildthemen er bearbeitet, er ist diesen verpflichtet in Wahrhaftigkeit, die in einem weit höheren Sinne als reine Wirklichkeitsnähe zu verstehen ist. Der Künstler strebt nach Authentizität, was sich darin äußert, dass er fast ausschließlich nach Modell und plein air malt.
Eine aus dem Jahr 1974 stammende Rezension von Dieter Honisch im Katalog Peter Dreher anlässlich einer Ausstellung im Museum Folkwang Essen bringt auf den Punkt, worum es Peter Dreher bei seiner Malerei ging und geht:
Er wollte mehr Wirkiichkeit einfangen, als sie ein einziges Bild repräsentierte, und so malte er dasselbe Motiv immer wieder zu den verschiedensten Tageszeiten aus den unterschiediichsten Blickwinkeln oder aber auch wie etwa die Glasserie, gerade unter denselben Bedingungen. Je genauer Dreher das Glas wiederzugeben versuchte, um so mehr unterschied sich eins vom anderen. In solchen malerischen Exerzitien weist er nach, daß kein Seheindruck wiederholbar oder zu multiplizieren ist, sondern immer wieder und unter ganz neuen Bedingungen geleistet werden muß. Dreher interessiert nicht - wie den Kubismus - die Darstellung eines dreidimensionalen Gegenstandes auf einer Fläche, sondern seine Übersetzung in einen zeitlichen Betrachtungsvorgang.
Er wollte mehr Wirkiichkeit einfangen, als sie ein einziges Bild repräsentierte, und so malte er dasselbe Motiv immer wieder zu den verschiedensten Tageszeiten aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln oder aber auch wie etwa die Glasserie, gerade unter denselben Bedingungen. Je genauer Dreher das Glas wiederzugeben versuchte, um so mehr unterschied sich eins vom anderen. In solchen malerischen Exerzitien weist er nach, daß kein Seheindruck wiederholbar oder zu multiplizieren ist, sondern immer wieder und unter ganz neuen Bedingungen geleistet werden muß.

Nach der Erfindung der Fotografie wurde die Malerei als Zeitzeugin, die die sie umgebende Wirklichkeit abbildete, entbehrlich. Dadurch eröffneten sich für die Maler und Bildhauer seit Mitte der 19. Jahrhunderts neue Wege des künstlerischen Ausdrucks. Dieser konnte sich allerdings auch darin äußern, das neue Medium zu bekämpfen, das man als ungeheuere Provokation empfand. So sahen sich die französischen Impressionisten in der Konkurrenz mit der Fotografie. Sie betonten das Malerische und die Darstellung des Augenblicks, was eigentlich durch die „Langsamkeit“ des Malprozesses an sich paradox ist. Auch versuchte man durch den pastoseren Farbauftrag eine Art dritte Dimension zu erzeugen, während die Fotografie zu einer glatten Oberfläche verurteilt ist.
Heute bestehen Malerei und Fotografie als gleichwertige Medien nebeneinander, wenn sie auch nicht aufgehört haben miteinander zu wetteifern, indem sie sich der Ausdrucksmittel des Gegenübers bedienen. Es scheint ein Ziel des Hyperrealismus zu sein, so zu tun, als handele es sich bei Malerie um eine Fotografie. Deutlich zu erkennen an der Nachahmung der Tiefenunschärfe. Um diese Mimikry zu erreichen, bedient man sich moderner Hilfsmittel wie Projektoren, um die Fotografie direkt auf die Leinwand zu bringen, von der dann abgemalt wird.
Im umgekehrten Fall nutzen Künstler die Fotografie, um sie wie Malerei aussehen zu lassen. Der deutsche Fotokünstler Thomas Ruff (* 1958) zieht in seiner Werkgruppe Nudes aus pornografischen Internetseiten Einzelaufnahmen, die er elektronisch bearbeitet und zu Superformaten vergrößert. Die ursprünglichen Aufnahmen werden digital koloriert, durch Verwischungen und Unschärfen verfremdet, bis sich der Inhalt in einzelne Farbflächen auflöst und das ursprüngliche Sujet kaum noch zu erkennen und damit seinem schmuddeligen Kontext enthoben ist.
Von dem deutschen Maler Gerhard Richter (*1932) gibt es seit 1970 eine Werkgruppe, die ebenfalls Himmel zeigt. Die großformatigen, manchmal mehrteiligen Bilder zeigen verschiedene Wolkenformationen, die mit Öl auf Leinwand gemalt sind. Das vierteilige Gemälde Wolken (Fenster) (jeweils 200 x 100 cm),1970 entstanden, erzeugt große leere Flächen, die den Betrachter neben ihrem erstaunlichen Illusionismus überwältigen und an stark vergrößerte Barockveduten erinnern.
1962 bezeichnete der Künstler, der inzwischen zu den wichtigsten deutschen Künstlern der Gegenwart zählt, in einem Interview mit seinem Kollegen Rolf-Gunter Dienst es als eine Art Ausweg, Fotos abzumalen, da er dadurch der Wahl des Sujets und der Gestaltung einer Bildkomposition enthoben wäre. Er wähle Landschaftsmotive auch deswegen aus, da sie wenig Image hätten oder unzeitgemäß wären. Und als einen wesentlichen, nicht zu vernachlässigenden Grund etwas Schönes zu malen. Seine Landschaftsmalerei erscheint zunächst einmal durch die Umsetzung der fotografischen Vorlage frappierened illusionistisch und zugleich schön, nostalgisch und romantisch wie ein verlorenes Paradies. Diese Arbeiten geben durch ihre Anlage und Farbigkeit eine gewisse Stimmung beim Betrachter vor und bieten sich gleichzeitig als Projektionsfläche an, indem das Gemälde und die Erinnerungen und Erwartungen des Betrachters zu einem Prototyp verschmelzen. Dieser denkt: Das ist realistisch, so etwas habe er schon einmal so gesehen.

Peter Dreher ist kein Maler, der Illusionismus anstrebt. Die Mimikry, seine Gemälde wie Fotos erscheinen zu lassen, interessiert ihn nicht. Es liegt ihm auch fern, Fotos abzumalen und sich damit Bildausschnitte, Komposition und Farbigkeit vorgeben zu lassen. Seine Realitätsnähe, die bis heute viele Betrachter frappiert, entspringt seinem Bemühen um Wahrhaftigkeit, die durch genaues Sehen, Sorgfalt und Hingabe erreicht wird. Dazu ist er mit einer seltenen Gabe ausgestattet, als spiele er auf einer Stradivari der Farben. Der Künstler verfügt nämlich über das absolute Sehen. Sein Gehirn oder besser sein Sehzentrum leistet etwas, was man aus dem Bereich des Hochleistungsautismus kennt, besser bekannt als Inselbegabung. Dieses ist so fein chromomatisch abgestimmt, dass es jeden Farbton in seinen allerfeinsten Fragmentierungen ausrechnen und diesen manuell auf der Palette wieder herstellen kann. Unter tausend Malern kommt diese Fähigkeit vielleicht ein einziges Mal vor. Es ist seine Hingabe an das Tun und mangelndes Kalkül, die ihn wenig anfällig für avantgardistische Kunstströmungen macht. Stur folgte er in der Zeit, in der Strömungen des Informel und der Konzeptkunst vorherrschten, seinem Anspruch an Wirklichkeitstreue und malte figurativ. Er verfolgte wach und interessiert die Tätigkeit und den Überlegungen seiner Kollegen und wanderte seit seiner Kindheit Stunden und Tage durch Museen. Sein Interesse an Kunst war unersättlich und so wurde er für seine Studenten ein Quell unerschöpflichen Wissens.
Er kann es nicht lassen zu schauen. Dies und das Malen ist ihm wie die Luft zum atmen. Seine ersten Lebensäußerungen müssen so etwas wie ein Zwitschern gewesen sein. So befürchtete das Kindermädchen einmal, dass sich ein Vogel ins Kinderzimmer verirrt habe, als sie zarte Laute hörte. Dort fand sie aber nur das Baby mit weit offenen Augen vor, das versunken in der Betrachtung seiner Umgebung war und dabei völlig zufrieden ein kleines Zirpen von sich gab. Peter Dreher ist seit seiner Kleinkindzeit ein Mensch, der Veränderungen nicht, aber dafür Rituale um so mehr liebt. Im Kinderwagen sitzend, brach er in Tränen aus, wenn die Mutter einen anderen Weg als den üblichen wählte.
Seine Vorliebe, seine Bildmotive häufig zu wiederholen, hat ihm zahlreiche Irrtümer über sein Werk eingebracht. So sieht man in ihm unter anderem eine Art Mönch, der in großer Abgeschiedenenheit der Abbildung eines einzigen Motivs frönt, einem Birnenmostglas aus dem Kaiserstuhl. Sein Opus Tag um Tag guter Tag wurde viele Male besprochen, sodass sein Oeuvre ungerechterweise auf diese einzige Werkgruppe verengt wurde. Er musste sich sogar gefallen lassen in einer Besprechung zu einer Ausstellung im Augustinermuseum im Jahr 2014 auf den Maler mit dem Glas reduziert zu werden. Kunstkritiker und Kunsthistoriker übersahen geflissentlich, dass Peter Dreher seit seinem Schaffensbeginn alle Bildthemen bearbeitet hat, ob es Stillleben mit einem anderen Repertoire als dem Birnenmostglas waren, prachtvolle Blumensträuße oder Totenköpfe, Innenräume, Gebäude oder Landschaften, Porträts von sich, Freunden oder seinen Kindern. Es war ihm so wichtig, dass nicht nur er, sondern auch seine Studenten nach der Wirklichkeit und nicht nach Abbildungen malten, dass er mit ihnen gemeinsam jedes Jahr eine Woche nach einem Aktmodell malte. Vielleicht war ihm ein Motiv eher fremd. So hat er zum Beispiel nur einmal seinen Mops Titus gemalt, als Fragment auf einem großen Gemälde, das der Werkgruppe Lange Kurzblicke zugeordnet wird.
Das Werk Peter Drehers, vor allem sein großer Werkkomplex Tag um Tag guter Tag, wird häufig als Konzeptkunst bezeichnet oder in den Bereich der Seriellen Kunst, einer Gattung der modernen Kunst, eingeordnet.
Der Begriff der Serie ist in der Bildenden Kunst eng gefasst. Die einzelnen Werke sind – im Gegensatz zu Werkgruppe – nicht lose durch das Sujet, sondern durch so genannte Bildregeln verbunden, also Vorgaben, die bei jedem einzelnen Bild innerhalb der Serie umgesetzt werden müssen. Im Regelfall könnte diese Serie aufgrund der Austauschbarkeit des Einzelnen unendlich fortgesetzt werden. Dadurch verliert das einzelne Werk an Individualität. Die Serie lässt sich inhaltlich daher erst in der Gesamtansicht erfassen. Das mag auf die Hauptwerke von Roman Opalka und On Kawara zutreffen, mit deren Werk das Peter Drehers immer verglichen wird. Der französisch–polnische Künstler Opalka (1931 – 2011) nannte sein Opus magnum 1 – ∞. Mit bloßem Augenmaß schrieb Opalka im Jahr 1965 mit titanweißer Farbe und dem kleinsten verfügbaren Pinsel auf dunklem Grund die Zahl „1“ in die linke obere Ecke einer eigens dafür vorbereiteten Leinwand und begann so, gemäß der in lateinischer Schrift von links nach rechts und weiter von oben nach unten schreibend zu malen. Durch die Zugabe von jeweils einem Prozent mehr Weiß hellten sich seine Zahlen zunehmend auf. Hier an diesem Werk lassen sich die Hauptregeln serieller Kunst gut nachweisen.
Der amerikanisch–japanische Künstler On Kawara wurde mit seinen Date paintings bekannt und erhielt wie Roman Opalka durch diese einen hohen Wiedererkennungswert. Die zeitlich fortlaufende Serie Today umfasst zweitaußend einzelne Bilder. Auf diesen trägt ein monochromer, teils roter oder blauer, in den meisten Fällen jedoch dunkler Bildhintergrund das in weißer Acryl-Farbe auf Leinwand gemalte Datum des Tages, an dem das jeweilige Bild entstanden ist. Mit diesem Konzept möchte der Künstler das Verstreichen der Zeit visualisieren und gleichzeitig die flüchtige Zeit materialisieren.
Als Fazit des Vergleichs Peter Drehers mit den Konzeptkünstlern On Kawara und Roman Opałka hält die Kunsthistorikerin Angeli Janhsen fest: Roman Opałka war malend und zählend gefangen und gehalten in seiner Spielregel, er war seine eigene Geisel – denn hätte er aufgehört, wären alle vorigen Anstrengungen entwertet gewesen. Peter Drehers Bilder dagegen folgen so aufeinander, dass es sowieso Lücken gibt. Sie schließen nicht aneinander an, es sind einzelne, unabhängige Bilder, er könnte jederzeit aufhören, ohne daß die früheren Bilder an Wert verlören.
Gemäß der schon erwähnten Bildregeln lassen sich die Werkgruppen Peter Drehers nicht der Seriellen Kunst zuordnen. Er hat seine Serien nicht als Serie mit einem festen unveränderlichen Regelwerk angelegt, ebensowenig hat er die Wiederholung kalkuliert. Sie ergab sich von allein, weil er feststellte, dass er das Interesse an seinen Modellen nicht verlor. Sie blieben für ihn eine Sensation.
Von einem vorgegebenen Regelwerk lässt sich noch am ehesten bei der Serie Tag um Tag guter I (Das Glas bei Nacht) sprechen. Da hier wie in einer Art Versuchsanordnung das Modell unter den immer gleichen Bedingungen abgebildet wird. Dadurch sollte das Ergebnis berechenbar bleiben. Veränderungen möglichst auf ein Minimum reduziert werden.
Aber diese Versuchsanordnung brach er bereits 1980 selbst, als er ein Sabbatical erhielt und dieses dafür nutzte, ein Dreivierteljahr in New York zu leben und zu arbeiten.
So wie andere ihren Waschbeutel im Koffer verstauen, packte er seine kleine Holzkiste ein, in der das Birnenmostglas aus dem Kaiserstuhl bruchsicher verstaut war, und flog los. Aus der Serie Tag um Tag guter Tag I existieren aus dieser New Yorker Zeit (1980 – 1981) ungefähr dreißig Arbeiten, die sich im Besitz des Künstlers befinden. Es ist Peter Dreher gut gelungen auch in seinem Atelier in der zehnten Straße Manhattans eine ähnliche Beleuchtungssituation wie in St. Märgen, wo der Hauptteil des Werkes entstanden ist, zu erzeugen, sodass sich die New Yorker Bilder kaum von den anderen Nachtgläsern unterscheiden. Aber man kann ihre Herkunft zweifelsfrei auf der Rückseite beweisen. Der Künstler hat Malpappen der Firma Fredrix verwendet: Finest Artists canvas acrylic primed for use with all mediums. Als er von seinem damaligen amerikanischen Galeristen zu mehreren Aufenthalten in San Diego eingeladen wurde, reiste er zunächst wieder mit seinem Birnenmostglas. Dieses wirkt auf der Leinwand wie von der hellen kalifornischen Sonne durchdrungen. Glaszylinder, Stand– und Wandfläche erstrahlen in Valeurs von weiß. Diese Whities nehmen eine Sonderstellung innerhalb der Werkreihe ein. Der Eindruck einer sonnendurchfluteten Umgebung allerdings ist eine Illusion, denn diese Arbeiten sind bei künstlichem Licht entstanden. Es gibt daneben eine Gruppe von Werken, die nach der Vorlage eines neuen Modells in San Diego gemalt wurden. Dieses Glas ist gedrungener, weil der Zylinder breiter ist. Dadurch wirkt die Komposition insgesamt dichter und raumverdrängender. Die amerikanische Maltradition und das kalifornische Lebensgefühl scheinen sich vor allem in den Arbeiten niederzuschlagen, die bei natürlichem Tageslicht gemalt worden sind. Hier ist die Tonigkeit wärmer und monochromer, die Lichtreflexe wirken – bei allem Illusionismus – reduzierter und abstrahierter. Sie erscheinen im Glaskörper wie eine gespiegeltes U. Peter Dreher wirkte also dem immer wieder kolportierten Mythos des Eremiten entgegen, der sich in seinem Atelier in der Schwarzwaldeinsamkeit der Wiedergabe eines einzigen Motivs widmet.
Er ließ bereits eine gewisse Dynamik und Unberechenbarkeit beim Schaffensprozess zu, als er mit natürlichem Licht malte. In einem winzigen Bildausschnitt zeigten sich dann sonnige und dumpfe Reflektionen, bedingt durch die jeweilige Witterung. Dann setzte er sein Projekt auf einem neuen Kontinent fort und bewies dadurch, dass es ihm nicht um ein starres Repetitium geht, sondern im weitesten Sinne um die Darstellung von Licht. Was die Serie Tag um Tag guter Tag bei allem Antagonismus auch in Bezug zu den Himmelsdarstellungen setzt.

Die Tatsache, dass Peter Dreher seit 1974 angeblich über 5000 Bilder von dem Birnenmostglas gemalt hat, interessiert die Öffentlichkeit und auch die Fachwelt mehr als die Malerei an sich. Die schiere Zahl ist die eigentliche Sensation. Dass sich ein Mensch so etwas überhaupt zumuten kann, ohne vorher verrückt zu werden? Für den Maler sind derartige Gedanken fremd oder sogar unverständlich. Auf die Frage: Warum malen Sie eigentlich immer das gleiche Glas?, kam prompt die Gegenfrage des Angesprochenen: Warum leben Sie?
In unserer schnelllebigen Zeit mit ihrer medialen Reizüberflutung und dem ständigen Wunsch nach Abwechslung mag eine solche Beständigkeit Aufsehen erregen und sie erhält ganz von allein, unabhängig von ihrem Inhalt und Gehalt, einen hohen Wiedererkennungswert. Peters Drehers Glas ist heute ein sogenannter Promi, prominenter als sein Urheber selbst. So entspann sich ein regelrechter Mythos um den Mann, der entweder als kühl kalkulierender Konzeptkünstler oder als Eremit verklärt wurde, der sein Schaffen im Sinne eines buddhistischen Mönches vollzieht. Malen als Zen-Übung? In dieser strengen japanischen Variante des Buddhismus weist der Lehrer seine Schüler immer wieder zur Wiederholung ein und derselben Tätigkeit an. Die Eleven sollen üben, solange bis sich die Tätigkeit – zum Beispiel das Bogenschießen – wie von alleine vollzieht. Das zielt aber im wahrsten Sinne des Wortes an Peters Drehers Malabsicht vorbei. Er will durch die Wiederholung des Motivs beziehungsweise durch die Tatsache, dass er das Modell nicht wechselt, nicht eine immer größere Kunstfertigkeit bis zur Vollendung erreichen. Im Gegenteil, sein Sinnen und Trachten ist darauf gerichtet, das soeben Vollendete sofort wieder zu vergessen, um mit dem neuen Malvorgang seine Modell so zu sehen, als sähe er es zum ersten Mal. In diesem Zusammenhang sollte man ein kleines Gedankenexperiment wagen: Da es dem Künstler tatsächlich immer um das Einzelbild geht und nicht um die Herstellung einer Serie, wäre es nur konsequent, er würde ein Bild auf das andere malen, bis am Ende eine meterdicke Ölfarbenschicht auf einer kleinen Leinwand übrig bleiben würde. Sedimente der materialisierten Zeit. Was für ein Gedanke!
Und gar nicht so abwegig, tatsächlich übermalte Peter Dreher mehrfach die eigenen Bilder.
Man wird sich damit abfinden müssen, Peter Dreher nicht in eine Schublade der Kunsttheorie stecken zu können. Er entzieht sich durch immer neue Malprojekte jeglicher Einordnung. Stände ihm dabei nur nicht dieser Promi im Weg, der ihn immer wieder auf den Maler mit dem Glas zurückverweist. Der einzig mögliche Schluss, der in Anbetracht seines inhaltlich und auch formal reichen Gesamtwerks zu ziehen ist, ist der, dass der Künstler die Konzeptlosigkeit zu seinem Konzept erhoben hat.

Peter Drehers Landschaftsbilder sind vor allem um den kleinen Schwarzwaldort St. Märgen entstanden, wo er ein Atelier hatte, in dem er sich von den Tätigkeiten als Professor, Mitglied zahlreicher Kunstkommissionen und anstrengenden Kunst–am–Bau–Aufträgen erholte. Aber er malte auch in Cran Canaria, in der Bretagne, in Andorra und in Vermont oder in Kalifornien. Es gibt viele hundert Gemälde, die plein air entstanden sind. Die einheimischen Bauern nahmen den Herrn, der mit seiner Reisestaffelei mitten in der Wiese saß, mit gutmütigem Spott wahr. Nach einem Regenguss lachte der Traktorfahrer fröhlich zu dem Maler herüber: Na, hat’s heute ins Atelier geregnet?
Die liebliche Schwarzwaldlandschaft ließ ihn alle Möglichkeiten, die Pinsel und Ölfarbe eröffneten, aussschöpfen. Betrachtet man die mehrteiligen Gemälde, die einen weitgespannten Himmel über sanft geschwungenen Hügelketten zeigen, spürt der Betrachter wie sich der Geist der norddeutschen Romantik in dem süddeutschen Künstler des 20. und 21. Jahrhunderts fortsetzt. Man sieht menschenleere Räume, zarte Wölkchen an einem blank geputzten Sommerhimmel oder wie im herbstlichen Glast die Bergrücken sich im Nichts aufzulösen scheinen. Wie bei Caspar David Friedrich lässt sich bei Peter Dreher das Individuum, das diese Landschaft wiedergegeben hat, nicht herausrechnen. Und da unterscheidet sich das Tafelbild von einer technisch perfekt gemachten Fotografie, die das oben Genannte auch abbilden könnte. Im Gemälde spiegelt sich das subjektive Empfinden des Künstlers gegenüber der Natur wider. Es reflektiert das Selbst und die innere Befindlichkeit, ohne dass dies der Maler steuern könnte. Es besteht hier eine Wechselbeziehung zwischen Landschaft und Künstler. Dieser projiziert seine ganze bisherige Erfahrung auf die Landschaft und erfährt durch diese auf sinnlich–ästherischer und geistig–reflexiver Ebene sich selbst. Die Landschaft wird durch diesen subjektiven Filter dem Betrachter vermittelt. Durch diese Gegenseitigkeit wird die Landschaft zum Stimmungs–und Symbolträger.
Wie für die romantischen Maler war für Peter Dreher die Landschaft um St. Märgen ein Zufluchts–und Sehnsuchtsort.
Aber auch formal gibt es zwischen den beiden Künstlern Übereinstimmungen- Wie der Romantiker beschränkt sich Peter Dreher auf wenige Bildgegenstände: Hügelketten, tief angelegte Horizonte und große leere Himmelsflächen. Kein Bildelement führt tiefenperspektivisch in die an alle Seiten offene Landschaft ein. Der Raum ließe sich von allen Seiten beliebig fortsetzen. Wie bei Caspar David Friedrich wirken diese Räume weniger geografisch wiedererkennbar, sondern so verallgemeinert, das sie über die Realität auf das Transzendente verweisen. Das lässt bei der Betrachtung der Landschaftsgemälde beider Künstler eine individuelle Andachtshaltung gegenüber einer pantheistisch begriffenen Natur zu. Das Schöpferprinzip offenbart sich in allen Dingen. Der Mensch sieht sich als Teil dieses göttlichen Prinzips und verharrt in demütigem Staunen. Das passt zu einem Künstler, der von seinen Mitmenschen als bescheiden wahrgenommen und die Ichlosigkeit zu seinem Ideal erhoben hat.

Die Arbeiten erscheinen nur aus der Nähe hyperrealistisch, sobald man sie von Näherem betrachtet, löst sich die illusionistisch wirkende Oberfläche auf, der Duktus wird sichtbar. An manchen Stellen ist die Farbe pastos mit dickem Pinsel aufgetragen, an anderen geht die Farbe ohne sichtbaren Übergang in den nächsten Farbton über. Die übergangslosen Farbnuancierungen erinnern an die Werke der französischen Barockmaler, zum Beispiel Poussins Gemälde Landschaft mit Orpheus (1650) oder den Himmel über dem Hafen mit der Villa Medici im Jahr 1639 von Claude Lorrain gemalt.
Neben seinen altmeisterlich wirkenden Arbeiten wirken die flächig angelegten und mit pastosem Duktus gemalten Bilder von Peter Dreher radikal und nahezu abstrakt. Die Wahrhaftigkeit seiner Malerei wird spürbar beim Betrachten dieser Vielfältigkeit, man glaubt ihm einfach, dass ihm bei der Herstellung jedes Kalkül fremd gewesen ist und er sich nur dem verpflichtet gefühlt hat, was er sah. Sein Medium, das absolute Sehen, ermöglicht ihm, die Noten zu spielen, die auf der Partitur stehen. Die Interpretation aber geschieht durch den Virtuosen und seinem wissenden Sehen.

Peter Drehers Himmelsveduten werden bis heute nur in einem Katalog gewürdigt, als Werke unter vielen anderen.
Diese Nichtbeachtung wird diesen delikaten Werken nicht gerecht. Vier Konvolute vom Himmel über dem Hochschwarzwald sind bis heute erhalten und im Besitz des Künstlers. Alle sind 1976 entstanden. Peter Dreher hat die Arbeiten ursprünglich dicht an dicht, abstandlos zu einem großen Gemälde zusammengesetzt. Er tut dies nicht, um – wie Gerhard Richter – dadurch den Illusionismus der Bilder zu brechen.
Drei dreißigteilige und eine Werkgruppe aus zweiundvierzig Einzelbildern tragen so nüchterne Titel wie Der Himmel über dem Hochschwarzwald an 30 Tagen im September oder Der Himmel über dem Hochschwarzwald an sieben Tagen im Oktober. Diese Nüchternheit verdeutlicht, dass es sich hier um „Niederschriften eines Arbeitsprozesses“ handelt, der während eines Tages in einem Monat oder zu verschiedenen Zeiten eines Tages vollzogen wurde. Jedes einzelne Bild trägt am unteren Rand eine Art Signatur. Zum Beispiel bei der Arbeit Der Abendhimmel über dem Hochschwarzwald: 31.8. 18.30. Die Zahlen sind mit dem Pinselstil in die noch feuchte Ölfarbe gekratzt. Am 31. August des Jahres 1976 vollendete der Künstler seine Arbeit um 18.30 Uhr. Das letzte Bild weist den ersten Oktober als Entstehungsdatum aus. Bei der 42teiligen Arbeit hat der Maler an verschiedenen Tageszeiten sechs Bilder gemalt und dabei die Veränderungen des Himmels stündlich dokumentiert. Der Bildtitel bildet lediglich eine formale Klammer um die einzelnen Werke, die alle für sich stehen und als selbstständiges Bild betrachtet werden sollten. Die einzelnen Bilder sind mit Ölfarbe auf Malpappe gemalt und in dem nahezu gleichen bescheidenen Format der Werke aus der Serie Tag um Tag guter Tag gehalten. Es ist reiner Zufall, dass diese Arbeiten fast das modeste Format seiner Bilder vom Glas haben. Es handelt sich hier um ein Standardformat der Firma VANG, die Malbedarf in alle Welt versandte, wie man der Rückseite der Gemälde entnehmen kann. Zufall und Bescheidenheit.
Zeigen die Arbeiten aus der Werkgruppe Tag um Tag guter Tag noch Valeursmalerei mit einer fast monochromen Farbpalette, so sprengen die Bilder vom Himmel diese, um farblich in alle möglichen Richtungen zu explodieren: Vom zarten bis intensiven leuchtenden Orange, vom zurückhaltenden Preußischgraublau zum tiefsten Kobaltblau. Der Paganini der Farbzwischentöne hat mit seinem Instrument nun alle Noten gespielt und einen Farbklangteppich zum Leuchten und Klingen gebracht. Wie in einer Bachschen Fuge werden die Farbmotive variiert und kontrastiert.

Man muss gleichzeitig demütig und verwegen sein, wenn man sich in die Landschaft wagt, um etwas so Flüchtiges und Veränderliches wie den Himmel zu malen. Deshalb müssen die Himmelsveduten auch als Antagonisten zu dem Werkkomplex Tag um Tag guter Tag gelten. Hier bildet alles das Gegenteil zu dem oben Geschilderten. Der Künstler kann hier nichts kontrollieren, weil sich alles der Kontrolle entzieht, Lichtsituationen und Wolkenformationen verändern sich ständig, sekündlich, minütlich. Der Maler muss sich hier von einem wie auch immer gearteten Realitätsanspruch verabschieden, denn er kann keinen bestimmten Moment materialisieren. Er kann eine Zusammenfassung vieler Momente erzeugen, eine Essenz des über Stunden Gesehenen. Was er zeigen kann, ist eine Idee des Himmels. Die Idéa als Gestalt, Erscheinung oder als Urbild, was dieses altgriechische Wort ins Deutsche übersetzt bedeutet. In der platonischen Lehre sind Ideen unwandelbare, nur geistig erfassbare Urbilder, die den sinnlich wahrnehmbaren Phänomenen zugrunde liegen.
Die ihn umgebende Wirklichkeit war hier Malanlass, die Außenwelt und die innere Vorstellung von dem Gesehenen verschmolzen zu einer Idee, einer Erinnerung an viele Momente.
Man könnte einem Maler der Romantik und auch Peter Dreher folgende Gedanken in den Mund legen, indem man sich vergegenwärtigt, dass die Landschaft für diesen etwas Vertrautes, eine Heimat in einem tieferen Sinne darstellte: Habe ich dich geschaut, so habe ich in mein Inneres gesehen und gefühlt, dass es gut war und zumindest in diesem Augenblick ein friedlicher Moment, an den ich denken werde, wenn ich in meinem Inneren Zweifel und Unruhe spüre. So bist du in mir das stetig Wirkende, die Ruhe und das Unveränderliche, das mir nicht mehr genommen werden kann.

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